Zvi Lothane                                                                                              geschrieben am 31. Dezember 2024

 

Zvi Lothane habe ich während meines Promotionsstudiums am Institut für Geschichte der Medizin (heute: Geschichte und Ethik) bei Wolfgang U. Eckart kennen gelernt. Lothane hatte eine Gastprofessur bei Eckart und begleitete ein Seminar zum Ersten Weltkrieg. Lothane hatte Eckart beraten bei einer Dissertation zur Psychoanalytikerin Sabina Spielrein, die Eckart betreute. Seit dieser Zeit (2004) stehen Lothane und ich miteinander in Kontakt. Wir waren gemeinsam auf einer Schreber-Veranstaltung in Pirna zu Daniel Paul Schreber (Lothanes spezielles Forschungsgebiet), wir waren gemeinsam im österreichischen Altaussee und haben über den ruhigen See gemeinsam zur Trisselwand geschaut. Wir waren zusammen in Wien, hier unter anderem im Sigmund Freud Museum. Zvi erzählte von seinen früheren Aufenthalten in Wien und seinen Zusammentreffen mit namhaften Psychoanalytikern, oft jüdischen Glaubens und ebenfalls Verfolgte des Holocaust. So zum Beispiel Ernst Federn. Und wir waren zusammen in Zvis Heimatstadt Lublin, wo wir auf einen Freund aus der Zeit des jüdischen Ghettos trafen, einer der wenigen Überlebenden des Holocaust in Lublin, der heute noch dort lebt. Eindrückliche Erlebnisse. Wir waren zusammen essen im jüdischen Restaurant in Lublin, das jüdische Leben kehrt langsam zurück in die Stadt. Es gibt auch ein Theaterprojekt, das die "jüdischen Akten zurück auf die Bühne" bringen möchte. 

Ich habe viel von Zvi gelernt, wenngleich ich seinen Ausführungen zur geliebten Psychoanalyse nur bedingt folgen konnte. Er ist vor allem stolz darauf, an einem wichtigen Punkt "Freud die Stirn geboten zu haben", Freud also weiter entwickelt zu haben. Aber um dies nachvollziehen zu können, dafür fehlt mir wirklich das Know-how. Und dies in jederlei Hinsicht.

Zvi wurde 1934, also kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, in Lublin geboren. Er verbrachte seine Kindheit gemeinsam mit den Eltern zunächst in den karelischen Wäldern und später in Nischni Novgorod. Lublin war Zentrum der "Aktion Reinhardt" geworden. Die Rückkehr nach Lublin nach dem Zweiten Weltkrieg war gekennzeichnet von neuerlicher Unterdrückung der jüdischen Bevölkerung; diesmal gingen die Aktionen von Polen aus. So blieb als gangbare Alternative die Auswanderung nach Israel und von dort später nach New York City. Hier lebt Zvi heute (2024) mit seiner Tochter Sarah. Die Ehefrau Malcha ist an den Folgen einer Covid-Erkrankung inzwischen verstorben. Ob er wohl noch einmal nach Europa wird kommen können? Ich würde es mir wünschen. 

Zvi Lothane

geboren am 21. Mai 1934 in Lublin, Polen, ist ein US-amerikanischer Psychoanalytiker, Psychiater und Hochschullehrer. Er arbeitet als Professor für Psychiatrie an der  Icahn School of Medicine am Mount Sinai Hospital in New York City. Er hat die Shoah als Kind und Jugendlicher überlebt.

 

Gesichter der Ruperto Carola:

Christine Auer, Zvi Lothane – Universität Heidelberg

 

Zvi Lothane in seiner Geburtsstadt Lublin am 4. Juni 2019

Es gibt dort wieder ein jüdisches Restaurant und das "Brama Grodzka - Teatr NN" mit der Regisseurin Wioletta Wejman, das die jüdische Geschichte der Stadt wiederbeleben will. 

Im November 2016 im Freud Museum in Wien

Jüdisches Restaurant in Lublin

Zvi Lothane , die Regisseurin Wioletta Wejman vom"Brama Grodzka - Teatr NN" und ein Jugendfreund Zvi Lothanes, einer der wenigen Überlebenden, dernoch in Lublin wohnt.

Zvi Lothane auf dem Schreber-Kongress in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein vom 13. bis 15. April 2011

Das Programm des Schreber-Kongresses in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein 2011